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Lebendig verbrannt: Wie das Massaker von Odessa zu einem Wendepunkt für die Ukraine wurde

Vor acht Jahren geschah etwas Bedeutsames in Odessa, einer historisch bedeutenden Stadt im Südwesten der Ukraine. Obwohl der Westen es nicht so betrachten wollte, wurde das, was sich dort abspielte, für Russland und die neu gegründeten Donbass-Republiken zu einer Zeitenwende.
Lebendig verbrannt: Wie das Massaker von Odessa zu einem Wendepunkt für die Ukraine wurde

Eine Analyse von Jewgeni Norin

Von Ende 2013 bis Anfang 2014 tobte in Kiew, der Hauptstadt der Ukraine, ein Konflikt zwischen der Regierung von Präsident Wiktor Janukowitsch und der pro-westlichen Opposition. Die darauf folgende Reihe von Ereignissen wurde "Euromaidan" genannt – nach dem zentralen Platz, auf dem sich die Proteste konzentrierten: dem Maidan. Auch Odessa, eine Hafenstadt am Schwarzen Meer, wurde von diesen Ereignissen erfasst, wenn auch in geringerem Ausmaß.

Die gelegentliche Zusammenstöße mit der Polizei und Raufereien zwischen Anhängern des Euromaidan und denen, die hinter der Regierung standen – die man "Anti-Maidan"-Bewegung nannte –, waren nichts im Vergleich zu dem Blutvergießen in Kiew, wo zahlreiche Menschen getötet wurden.

Viele Ukrainer hießen den Euromaidan nicht willkommen, und sie hatten dafür ihre Gründe. Zahlreiche Einwohner von Odessa hatten enge Beziehungen zu Russland, und haben diese immer noch. Als die Ukraine 1991 ihre Unabhängigkeit erlangte, lebte eine große Zahl ethnischer Russen in Odessa, und viele hatten Verwandte in der alten Heimat. Die Stadt wurde während der Regierungszeit von Katharina der Großen gegründet und gebaut, und galt schon immer als fester Bestandteil der russischen Geschichte.

Daher war der aggressive Nationalismus des Euromaidan in Odessa weitgehend unbeliebt, und viele Einheimische hatten Angst vor der zunehmenden Herausbildung militanter Einheiten. In Odessa begannen Euromaidan und Anti-Maidan paramilitärische Organisationen zu bilden. Bewaffnet mit einer primitiven Auswahl an Schlagstöcken, Motorradhelmen und selbstgebauten Waffen, trainierten diese Gruppen für den Straßenkampf. Zunächst suchte jedoch niemand den Kampf auf Leben und Tod – die Radikalen hatten in beiden Bewegungen noch nicht die führende Rolle erlangt.

In Odessa hatten Anti-Maidan-Aktivisten begonnen, sich auf dem Platz vor dem Gewerkschaftshaus namens Kulikowo zu versammeln, im historischen Zentrum der Stadt. Dieser wurde zum Ort eines anhaltenden Protests – man könnte es auch als Forum im klassischen Sinne bezeichnen. Die Leute kamen, um abzuhängen, die Neuigkeiten zu diskutieren und um gemeinsam zu singen. Es war ein sehr gemischtes Publikum, von energisch engagierten Jugendlichen bis hin zu älteren Pensionären. Diejenigen, die sich dort versammelten, waren offiziell nicht durch eine bestimmte Ideologie vereint. Man konnte dort russisch-orthodoxen Aktivisten, Kosaken und einer Reihe kleinerer Gruppierungen begegnen.

Die Bewegung wurde von lokalen pro-russischen und linken Politikern wie dem Aktivisten Anton Dawidtschenko und seinem Bruder Artjom angeführt. Ihre Forderungen waren sehr moderat – der Schutz der russischen Sprache, die wirtschaftliche Autonomie der östlichen Regionen, die Bewahrung des russischen und sowjetischen historischen Erbes, die Zusicherung, dass keine Denkmäler zerstört werden, dass der Osten seine eigenen Richter ernennen kann usw. Aber die Ukraine war in Aufruhr, und diese Forderungen erschienen den Nationalisten als äußerst konfrontativ.

Am 3. März 2014, nachdem Janukowitsch bereits nach Russland geflohen war und Moskau die Krim wieder eingenommen hatte, wurde Wladimir Nemirowski, ein nationalistischer Politiker, Gouverneur der Region Odessa. Er beabsichtigte, hart gegen jede Form von Protesten vorzugehen. Die Auflösung des Kulikowo-Lagers war eine der Prioritäten seiner Plattform.

Die Spannungen in der Stadt hatten im März und April allmählich zugenommen. Nachdem in Donezk und Lugansk ein bewaffneter Aufstand ausgebrochen war, richteten Euromaidan-Aktivisten an allen Straßen, die nach Odessa führen, Kontrollpunkte ein. Niemand wusste, wen oder was sie bewachten, aber ungefähr 500 Menschen, von denen nicht einmal alle aus Odessa stammten, besetzten diese sehr seltsamen Kontrollpunkte. Ende April gab Nemirowski bekannt, dass Einheiten der "Territorialen Verteidigung", die im Wesentlichen aus militärischen Reservisten bestand, mit Bussen nach Odessa gebracht würden.

Ein Zeitzeuge dazu:

"Zu dieser Zeit kamen Busse mit Mitgliedern der 'Territorialen Verteidigung' in der Region an. Viele. Wir haben versucht, sie nach Möglichkeit von Odessa fernzuhalten, aber sie drangen nach Belgorod-Dnestrowski und an andere Orte vor. Sie breiteten sich in der ganzen Region aus und sie kamen aus Richtung Kiew. Die Polizei hielt sich von ihnen fern, da die Beamten mittlerweile stark demoralisiert waren." 

Schon damals waren diese nationalistischen Einheiten gefährlich, und sie waren bewaffnet. Man weiß von mindestens einem Fall, bei dem ein Euromaidan-Aktivist versehentlich eine Handgranate gezündet hat, und an diesen Kontrollpunkten wurden auch Molotowcocktails bereitgestellt.

Der Anti-Maidan befand sich in einer schwierigen Situation. Die anfängliche Begeisterung ließ nach. Man hatte das Gefühl, dass der Kampf gegen die Nationalisten verloren war und niemand wollte einen Schritt in Richtung eines gewaltsamen Konflikts machen. Tatsächlich hätte sich das Lager auf dem Kulikowo in wenigen Wochen von selbst aufgelöst. Die Führer des Anti-Maidan diskutierten das Thema bereits mit den örtlichen Behörden. Sie hatten sich sogar darauf geeinigt, das Lager aus der Innenstadt, zu dem weniger zentral gelegenen Denkmal für den Zweiten Weltkrieg zu verlegen. Der Umzug war für den kommenden Mai geplant. 

Allerdings war bereits auch ein weniger friedlicher Übergang in Vorbereitung. Obwohl sich die Polizei und der Gouverneur nicht die Hände schmutzig machen wollten, gab es genügend "Freiwillige", die bereit waren, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Für den 2. Mai war ein Fußballspiel gegen eine Mannschaft aus Charkow, einer Stadt im Nordosten der Ukraine, angesetzt. In der Folge strömten radikale Fußballfans nach Odessa. Bereits im April begannen Gerüchte über mögliche Gewalttaten zu kursieren, und die Anti-Maidan-Aktivisten hatten allen Grund zur Sorge über eine mögliche Razzia in ihrem Lager. Einige erwarteten die zukünftigen Zusammenstöße mit Angst, andere mit Spannung – aber allen war klar, dass das Anti-Maidan-Lager zerstört wird. Es war eine perfekte Lösung für alle, außer für die Anti-Maidan-Aktivisten selbst.

Während die Aufständischen im Donbass eine Stadt nach der anderen eroberten und die Menschen auf der Krim das russische Militär begeistert Willkommen hießen, würde ein schneller Sieg in Odessa den Nationalisten Gelegenheit geben, Stärke zu demonstrieren. Es würde dem Gouverneur auch ermöglichen zu zeigen, dass er die Stadt unter Kontrolle hatte. Zu diesem Zeitpunkt ahnte jedoch niemand, dass das, was in der Folge geschehen würde, eine tödliche Wendung nehmen wird. Einige wenige Anti-Maidan-Aktivisten wollten im zentralen Teil der Stadt bleiben. Ihr Vorhaben war lediglich, die Nationalisten einzuschüchtern.

Am 2. Mai planten die "Fußballfans" unter dem Motto "Für die Einheit in der Ukraine" durch Odessa zum Stadion zu marschieren, und Euromaidan-Aktivisten erklärten, dass dies eine friedliche Demonstration sein werde. Die Anhänger der Anti-Maidan-Bewegung waren jedoch davon überzeugt, dass der Marsch nur ein Deckmantel für gewalttätige Taktiken sein würde.

Am frühen Morgen des 2. Mai kontaktierte Sergei Dolschenkow, der Anführer der Anti-Maidan-Sicherheitsgruppe und ehemaliger Polizist, ein Mitglied des lokalen Parlaments, um eine Absage des Marsches zu beantragen:

"Die Leute haben gesehen, was in Charkow, Cherson und Donezk passiert ist. Die Fußballfans waren außer Kontrolle. Wir müssen sicherstellen, dass es kein Blutvergießen gibt. Kein Marsch – kein Blutvergießen."

Maxim Firsow, ein Aktivist der linken Borotba-Bewegung erinnert sich:

"Ich war am 1. Mai im Kulikowo-Lager. Artjom Dawidtschenko (einer der Anführer des Anti-Maidan in Odessa), kündigte von der Sprecherbühne aus an, dass der Rechte Sektor – eine ultranationalistische Organisation, deren Name zum Synonym für alle ukrainischen Nationalisten geworden ist – in die Stadt kommen und das Feldlager auf dem Kulikowo zerstören würde. Man müsse sie bekämpfen."

Dolschenkow und seine Anti-Maidan-Gruppe hatten nur begrenzte Kräfte. Offiziell waren zahlreiche Leute im Lager, aber die Mehrheit waren Frauen und ältere Menschen, die nicht kämpfen konnten. Tatsächlich mussten diese geschützt werden. Deshalb beschloss Dolschenkow, den Marsch mit einigen seiner Männer zu begleiten, dabei aber Abstand zu halten. Nicht allen im Anti-Maidan-Lager gefiel dieser Plan, aber Dolschenkow war ein Mann der Tat und hielt es für besser, dem Gegner frontal entgegenzutreten und ihn zu blockieren, falls er sich entschließen sollte, in Richtung des Kulikowo-Feldlagers zu marschieren. 

Die Polizei und der Sicherheitsdienst der Ukraine wussten, was sich da anbahnte, beschlossen aber nicht einzugreifen. Am 2. Mai traf sich Artjom Dawidtschenko mit beiden Behörden und wurde darüber informiert, dass Festnahmen und Verhaftungen erst dann beginnen würden, wenn es Leichen auf den Straßen gäbe – und dass es "definitiv Leichen geben werde."

Am 1. Mai erwarteten alle Aktivisten beider Gruppen einen Kampf. Aber niemand erwartete, was dann tatsächlich passierte. 

Die Kämpfe auf der Gretscheskaja-Straße

Am Morgen des 2. Mai brachte ein außerplanmäßiger Zug rund 500 "Fußballfans" aus Charkow nach Odessa. Zusammen mit ihnen kamen auch zahlreiche Pro-Euromaidan-Aktivisten an, die nichts mit Fußball am Hut hatten, aber mit Straßenkampfausrüstung bewaffnet waren. Am Nachmittag begannen sie sich auf dem Domplatz im Zentrum von Odessa zu sammeln.

Eine 150 bis 300 Mann starke Anti-Maidan-Gruppe verließ das Kulikowo-Lager, das etwa 30 Gehminuten vom Domplatz entfernt lag. Obwohl Dolschenkow den 2.000 bis 3.000 Kämpfern und Anhängern des Euromaidan zahlenmäßig weit unterlegen war, führte er sie trotzdem in Richtung Domplatz.

Die Polizei von Odessa weigerte sich, in die Ereignisse einzugreifen. Die meisten Beamten, rund 700, waren im und um das Stadion im Einsatz, während rund 80 Polizisten die Anti-Maidan-Aktivisten begleiteten und 60 das Kulikowo-Lager bewachten. Hochrangige Polizeioffiziere waren zu einer Besprechung einbestellt und aufgefordert worden, ihre Mobiltelefone auszuschalten.

Eine kleine Polizeieinheit versuchte, die Gruppe von Dolschenkow zu blockieren, aber die umging die Beamten einfach. Unterdessen hatte sich bereits eine aufgepeitschte Menge auf dem Domplatz versammelt, bewaffnet mit Knüppeln, Schutzschilden, Helmen, Molotowcocktails und Gummigeschoss-Handfeuerwaffen.

Gegen 15 Uhr erreichten die Anti-Maidan-Aktivisten aus Kulikowo den Domplatz über die angrenzende Gretscheskaja-Straße. Viele Berichte beschreiben die Ankunft von Dolschenkows Gruppe als einen umfassenden Angriff, der zu einem Durchbruch führte. Dies wird oft als Anti-Maidan-Angriff auf die Ultras bezeichnet. Auf den ersten Blick erscheint eine Gruppe von 300, die einen zehnmal so großen Mob angreift, als Torheit. Aber wenn man an der Oberfläche kratzt, kommen neue Details zum Vorschein.

Einige "Fußballfans" sahen die sich nähernden Anti-Maidan-Aktivisten und griffen sie an. Der eigentliche Kampf wurde von zwei kleinen Gruppen von Dolschenkows Männern und einer Gruppe von Euromaidan-Aktivisten initiiert. Die Hauptkontingente der Kämpfer griffen zunächst nicht ein und hielten sich im Hintergrund. Aber dieses erste Scharmützel reichte aus, um den größeren Konflikt zu entfachen.

Getrennt von einer dünn bemannten Reihe von Polizisten, bewarfen sich die beide Seiten zunächst mit Steinen. Aber der zahlenmäßige Vorteil des Euromaidan war überwältigend und der Anti-Maidan wurde schnell in die Defensive gedrängt. Die meisten Polizeibeamten waren in Richtung der Euromaidan-Aktivisten gewandt, die mit Ziegeln, Steinen und Molotowcocktails warfen, und die Ordnungskräfte begannen umgehend Gummigeschosse abzufeuern.

Für den Euromaidan war die Auseinandersetzung auf der Gretscheskaja-Straße amüsant, brachte aber nichts. Also gingen einige Aktivisten in ein Flankenmanöver über, und verlegten sich in die parallel verlaufende Deribasowskaja-Straße. Und hier wurde das erste echte Blut vergossen.

Der Kampf war bereits im Gange, als der Anti-Maidan begann, Schusswaffen einzusetzen. Ein Euromaidan-Aktivist und bekannter Nationalist namens Igor Iwanow wurde durch eine Kugel getötet, wahrscheinlich durch die Hand des Anti-Maidan-Aktivisten Witali Budko, der ziemlich spät – gegen 16:00 Uhr – mit einer Kleinwaffe am Ort der Geschehnisse eintraf und das Feuer eröffnete, gleich nachdem er sich seinen Gefährten anschloss. Weder er noch seine Waffe wurden in der Folge jemals gefunden und die Befunde über die Patrone, die Iwanow tötete, verschwanden aus den Polizeiakten. Mehrere Videos und Fotos zeigen jedoch, wie Budko seine Waffe abfeuert, bevor er selber erschossen wurde. Ein weiterer Euromaidan-Aktivist wurde ebenfalls mit einer Kleinwaffe erschossen.

Auch Anti-Maidan-Demonstranten gerieten bald unter Beschuss und einige unter ihnen wurden verletzt. Die anschließende Untersuchung der Vorfälle wurde so schlecht durchgeführt, dass keine der an der Schießerei beteiligten Waffen im Nachhinein identifiziert werden konnte.

Die Kämpfe zogen sich über mehrere Stunden hin. Gelegentlich kam Verstärkung, um die Euromaidan-Aktivisten zu unterstützen und bald blockierten sie alle Zugänge zur Gretscheskaja-Straße. Die Kulikowo-Gruppe wurde bei dem Einkaufszentrum Athena umzingelt, während gut koordinierte Euromaidan-Teams jegliche Verstärkung oder Rückzugsmöglichkeiten verhinderten.

Gegen 16 Uhr erbeutete die Euromaidan-Seite ein Feuerwehrauto und rammte es in eine Barrikade der Kulikowo-Gruppe. Gegen 17:30 Uhr bestieg eine nicht bekannte Gruppe den Balkon eines nahe gelegenen Gebäudes und eröffnete das Feuer auf ihre Gegner. Patronen und Schrotkugeln, die aus den Leichen extrahiert wurden, zeigten auf, dass mindestens drei Waffen im Spiel waren. Vier Männer starben an Ort und Stelle, mehrere weitere wurden verletzt, darunter ein Journalist, ein Polizeioberst und einige Polizeibeamte. Die Abwehr der Kulikowo-Gruppe bröckelte. Einige zogen sich in das Einkaufszentrum zurück, verbarrikadierten sich darin und stellten sich schließlich der Polizei. Unter ihnen war Sergei Dolschenkow, der eine Schusswunde erlitten hatte. Zu diesem Zeitpunkt schien es, als wäre alles vorbei.

Tod durch Feuer 

Die Euromaidan-Aktivisten hatten die Schlacht im Wesentlichen gewonnen, die Aktivisten des Kulikowo waren besiegt. Zu diesem Zeitpunkt streiften die meisten Anwesenden einfach in der Gegend herum und einige "Fussballfans" aus dem Stadion hatten sich nach Spielende dem Tumult angeschlossen. Doch die Ereignisse sollten eine ganz andere Wendung nehmen.

Mark Gordjenko, einer der Anführer der Euromaidan-Bewegung in Odessa, war einer von denen, die anfingen, "Kulikowo!" zu skandieren, und die Menge dazu ermutigte, zu dem Ort zu marschieren, an dem die Anti-Maidan-Bewegung ihr Lager aufgeschlagen hatte. Gordjenko soll im März 2014 geäußert haben, dass er "alle Separatisten erschießen würde." An diesem Tag hatte er die Gelegenheit, sein Versprechen zu erfüllen. Später, als er darüber zur Rede gestellt wurde, schien er jedoch vergessen zu haben, dass er die aufkeimende Gewalt ausgelöst hatte.

Zusammen mit einigen anderen, gelang es Gordjenko, die zwischenzeitlich beruhigte Menge erneut anzustacheln. Später sickerte eine Aufzeichnung eines Gesprächs zwischen dem stellvertretenden Bürgermeister von Odessa, Igor Boljanskij, und einem der Euromaidan-Anführer durch. In diesem Gespräch schlug Boljanskij nicht nur vor, dass die Anführer die Menge auf den 30-minütigen Spaziergang von der Gretscheskaja-Straße nach Kulikowo führen sollten, sondern es wurde sogar über die Logistik diskutiert, wie dies erfolgen sollte. Mit anderen Worten: Es handelte sich nicht um eine Menschenmenge, die sich spontan in eine bestimmte Richtung bewegte, sondern um eine, die von Anführern dorthin gelenkt wurde. Und diese Anführer sorgten auch dafür, dass die Euromaidan-Aktivisten am Ziel ankamen.

Inzwischen waren die Menschen auf dem Kulikowo verwirrt und desorientiert. Die meisten waren Zivilisten ohne jegliche militärische Ausbildung, und sie waren nicht besonders daran interessiert, an Kämpfen teilzunehmen. Unter ihnen waren viele Frauen. Artjom Dawidtschenko hatte ihnen bereits erzählt, was inzwischen passiert war, nachdem einige Leute es geschafft hatten, der Gretscheskaja-Straße zu entkommen und einen Überblick über die Ereignisse geben konnten. Viele auf dem Kulikowo waren bereits nach Hause gegangen, doch einige von ihnen kehrten zurück, als sie vernahmen, dass eine Menschenmenge unterwegs war, um ihr Lager und die Aktivisten anzugreifen. 

Den meisten der Kulikowo-Aktivisten war bewusst, dass ein Angriff bevorstand. Jemand schlug vor, im massiven Gewerkschaftshaus am Rande des Platzes Deckung zu suchen, und die Leute begannen, ihre Habseligkeiten aus dem Lager in das Gebäude zu tragen. Sie richteten dort eine improvisierte Erste-Hilfe-Station ein, brachten Vorräte und errichteten eine kleine Barrikade vor dem Gebäude. Sie hatten auch ein paar Jagdgewehre und ein paar Molotowcocktails. Daraufhin verließ Dawidtschenko den Platz. Aleksei Albu, ein lokaler Politiker, blieb im Gebäude. Er gehörte nicht zu denjenigen, die bereitwillig an irgendwelchen Kämpfen teilnahmen. Tatsächlich hatte er erst aus den Nachrichten von den vorangegangenen Zusammenstößen erfahren.

Zu diesem Zeitpunkt befanden sich in dem Gewerkschaftshaus rund 300 Menschen.

Um 19:20 Uhr betrat ein wütender Euromaidan-Mob den Platz. Sie gingen durch das verlassene Lager und fingen an, Molotowcocktails auf die Barrikade vor dem Gewerkschaftshaus zu werfen. Die drinnen antworteten darauf, indem sie ihrerseits ein paar Molotowcocktails vom Dach auf die Angreifer zurückschleuderten. Einen Journalisten, der alles filmte, hörte man im Hintergrund seiner Aufnahmen sagen:

"Jetzt wird man sie definitiv töten."

Die Angreifer warfen immer wieder Steine und selbstgebaute Sprengkörper auf die Barrikade, die größtenteils aus Holzmöbeln und Kisten bestand, und steckten sie schließlich in Brand. In der Folge zogen sich die Kulikowo-Aktivisten in die Eingangshalle des Gewerkschaftshauses zurück. In späteren Berichten wurde das Ausmaß des Widerstands, der von denjenigen im Gebäude der Gewerkschaften geleistet wurde, stark übertrieben. Verfügbares Filmmaterial zeigt, dass sich die Angreifer frei auf dem Platz bewegten und sich nicht ducken oder in Deckung gehen mussten, da auf sie nichts geworfen wurde.

Die Barrikade stand in Flammen und die Angreifer hatten die Zelte auf dem Platz in Brand gesteckt. Der ganze Platz war in Rauch und Feuer gehüllt. Die Angreifer warfen weiterhin Molotowcocktails auf das Gebäude, die mit einer selbst hergestellten Mischung aus Benzin, Aceton und Styropor gefüllt waren. Die verschanzten Kulikovo-Aktivisten riefen die Feuerwehr, aber es kam niemand. Die wenigen Polizisten am Tatort schauten tatenlos zu, während die Ereignisse ihren Lauf nahmen.

Die Angreifer sorgten dafür, dass das Feuer nicht erlosch und warfen immer mehr Molotowcocktails hinein. Selbst ein Autoreifen wurde in das Feuer geworfen, während mit Gummigeschoss-Waffen auf das Gebäude geschossen wurde.

Dann nahm die Tragödie ihren Lauf.

Der unabhängige Experte Wladislaw Balinskij erklärte später, dass das Feuer, das am Eingang des Gebäudes wütete, die Farbe und den Lack an den Wänden und der Decke der Halle entzündete. Die brennende Eingangstür stürzte ein und die Fensterscheiben wurden eine nach der anderen kaputt geschossen, wodurch ein starker Luftzug entstand. Der daraus resultierende Kamineffekt verwandelte den zentralen Treppenaufzug in eine gigantische Verbrennungsanlage, in der die Temperaturen auf 600 bis 700 Grad Celsius anstiegen. Das Feuer breitete sich blitzartig aus und alles, was brennen konnte, brannte. Jeder Mensch, der sich in unmittelbarer Nähe befand wurde bei lebendigem Leib verbrannt. Andere versuchten sich zu retten, indem sie sich in Räume flüchteten, die weiter vom Feuer entfernt waren. Der Luftzug riss jedoch große Rauchwolken durch die Korridore des Gebäudes und tötete immer mehr Menschen auf seinem Weg.

Es war zu diesem Zeitpunkt, als die Menschen aus den Fenstern zu springen begannen, für die das wohl eine bessere Alternative zu sein schien, als bei lebendigem Leibe zu verbrennen oder zu ersticken.

Aber für einige dieser Unglücklichen stellte sich heraus, dass ein Sprung aus dem Fenster nicht das kleinere Übel war. Diejenigen, die sprangen, wurden schwer verletzt, in vielen Fällen sogar tödlich. Aber ein Überleben des gefährlichen Sprungs bedeutete nicht das Ende des Leidens.

Eine Aufnahme der zahlreichen Kameras, die die Ereignisse filmten, zeigen einen Anti-Maidan-Aktivisten, der auf eine Person zurennt, die gerade aus dem Fenster gesprungen war – zwar verletzt durch den Sturz, aber sie lebte und bewegte sich noch – nur um das Opfer mit einem Schlagstock zu verprügeln. Später verbrachte der lokale Journalist Sergei Dibrow einige Zeit damit, Filmmaterial und Bilder des Vorfalls zu studieren und er kam zum Schluss, dass das bemitleidenswerte Opfer letztendlich medizinische Hilfe erhielt und überlebte.

Ab diesem Punkt kamen einige Leute im Mob zur Besinnung und begannen denen zu helfen, die in dem brennenden Gebäude gefangen waren. Einige warfen jenen in den oberen Stockwerken ein Seil zu. Andere zerrten ein nahe stehendes Baugerüst zum Gebäude, um den Eingeschlossenen bei der Flucht zu helfen. Diese Taten trugen dazu bei, dass eine ganze Reihe von Menschen das Gebäude lebend verlassen konnten, obwohl nicht wenige davon, kaum in Sicherheit, mit Knüppeln zusammengeschlagen wurden. 

Der letzte Molotowcocktail wurde um 20:08 Uhr in das Gebäude geworfen. Mittlerweile traf auch Polizeiverstärkung ein und drängte die aggressivsten Angreifer zurück. Die Feuerwehr traf um 20:08 Uhr ein – obwohl sie nur 400 Meter vom Gewerkschaftshaus entfernt stationiert war, dauerte es 30 Minuten, bis sie am Tatort eintraf – und begann, die letzten Überlebenden zu bergen. 

Wie sich herausstellte, hatten ziemlich viele Menschen das Feuer überlebt. Das Chaos legte sich und Feuerwehr und Polizei stellten die Ordnung wieder her. Einige Menschen konnten vom Dach gerettet werden, während andere in Räumen gefunden wurden, die nicht vom Feuer oder von Rauch bedroht waren. Die letzten Überlebenden, die sich auf dem Dachboden versteckt hatten, verließen das Gebäude in den frühen Morgenstunden des 3. Mai. 

Eine Frau namens Jelena gehörte zu jenen aus dem Kulikowo-Lager, die vor dem Angriff beim Aufbau der Erste-Hilfe-Station geholfen hatten. Später erzählte sie Journalisten, dass sie von den Leuten draußen gemobbt worden sei, nachdem sie dem Feuer entkommen war. Sie wurde beschimpft und verprügelt, während die Polizei tatenlos zusah.

Während des Brandes in dem Gebäude zeigten die "Gewinner" ein widersprüchliches Verhalten. Einige unternahmen ernsthafte Versuche, Menschen vor dem Feuer zu retten, das sie gerade entfacht hatten und riskierten dafür sogar ihr Leben. Während andere die Gelegenheit nutzten, um die Überlebenden anzugreifen und zu demütigen.

Insgesamt starben während der Ereignisse am 2. Mai 2014 nach offiziellen Angaben 48 Menschen: Zwei Maidan-Aktivisten und 46 Anti-Maidan-Aktivisten. Acht Menschen sprangen aus dem Gebäude in den Tod, andere erstickten oder starben an Verbrennungen. Alle waren Bürger der Ukraine. Insgesamt 247 Personen benötigten medizinische Hilfe, 27 von ihnen wiesen Schusswunden auf.

Aleksei Albu, Lokalpolitiker und einer der Anführer der Kulikowo-Gruppe, gehörte zu jenen, die in dem Gebäude in Deckung gegangen waren und überlebten. Später schloss er sich der Brigade "Prisrak" (Gespenst) des legendären und 2015 ermordeten Kommandeurs Aleksei Mosgowoi in der Volksrepublik Lugansk im Donbass an. Ein anderer Anführer, der örtliche Abgeordnete Wjatscheslaw Markin, erlag am Morgen des 3. Mai den Verletzungen, die er sich zugezogen hatte, nachdem er aus dem Gebäude gesprungen war, um dem Feuer zu entkommen.

Nachdem nur noch Asche übrigblieb 

In den folgenden Jahren wurde kein einziger Verantwortlicher für die Morde in Odessa in irgendeiner Weise bestraft. Viele der Mörder handelten offen, trugen keine Masken oder Verkleidungen und äußerten sich sehr offen zu ihren Absichten und Taten. Bloß eine Handvoll wurde strafrechtlich verfolgt, aber letztlich wurde niemand vor Gericht gestellt, um sich für die begangenen Verbrechen zu verantworten.

Jede Untersuchung, die angesetzt werden konnte, wurde von den sogenannten "Patrioten" sabotiert. Eine Reihe von Richtern sah sich gezwungen, die Fälle abzugeben, nachdem sie Drohungen vonseiten Militanter erhalten hatten.

Währenddessen identifizierten hochrangige ukrainische Politiker umgehend die "Schuldigen". Der damals amtierende Präsident der Ukraine, Alexander Turtschinow, sagte, dass die Unruhen in Odessa "aus Russland koordiniert wurden". Sergei Paschinskij, der amtierende Leiter der damaligen Präsidialverwaltung, sagte, die Ereignisse seien "eine Provokation des FSB" gewesen, "um die Aufmerksamkeit von der 'Anti-Terror-Operation' im Donbass abzulenken." Das Außenministerium der Ukraine erklärte, dass "die Tragödie eine geplante und gut finanzierte Operation der russischen Sonderdienste war." 

Von Anfang an schienen die Behörden in Odessa die Ermittlungen gezielt zu behindern. Am Morgen des 3. Mai wurde das Gebiet um die Gretscheskaja-Straße von den Stadtwerken geräumt, wodurch alle physischen Beweise beseitigt wurden. Das Gewerkschaftshaus blieb im folgenden Monat für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Bürger konnten im Internet Live-Streams aus den schwelenden Ruinen sehen, wobei ein Kameramann die aufgefundenen Leichen eines jungen Paares als "Romeo und Julia" bezeichnete.

Es wurde keinerlei Versuche unternommen, den Tatort abzusperren und Beweise zu sichern. Die Waffen, mit denen Menschen getötet wurden, blieben spurlos verschwunden. Und dies sind nur einige Beispiele für die abschätzige und fahrlässige Haltung der Behörden gegenüber dem Fall. Im September 2015 räumte der UN-Sonderberichterstatter Christof Heyns ein, dass der Großteil der Beweise im Zusammenhang mit den Ereignissen vom 2. Mai unmittelbar nach dem Verbrechen vernichtet wurde.

Der Euromaidan-Aktivist Sergei Chodijak, der mit einem Jagdgewehr auf Menschen geschossen hatte, wurde aus der Haft entlassen. Und der Richter zog sich unter dem Druck einer Gruppe von Euromaidan-Aktivisten, angeführt von Igor Mosytschuk, einem Abgeordneten der nationalistischen Radikalen Partei, aus dem Fall zurück. Wsewolod Gontscharewskij, der Kulikovo-Aktivisten, die aus den Fenstern des brennenden Gebäudes gesprungen waren, mit einem Knüppel erledigte, wurde wegen "Mangels an Beweisen" freigelassen.

Dolschenkow und eine Reihe anderer Anti-Maidan-Aktivisten blieben hingegen in Haft. 2017 sprach das Gericht Dolschenkow nach vielen Verzögerungen im Zusammenhang mit dem Fall frei. Aber er wurde umgehend wieder festgenommen, unter der erfundenen Anklage, bei einer politischen Kundgebung, die einen Monat vor der Tragödie stattgefunden hatte, illegale Parolen skandiert zu haben. Im Dezember 2017 wurden die letzten pro-russischen Aktivisten im Rahmen eines Austauschs von Häftlingen und Gefangenen aus dem Donbass-Konflikt aus der Haft entlassen.

Die ukrainische Gesellschaft hat auf die Ereignisse in Odessa auf sehr eigenartige Weise reagiert. Die Mehrheit der Bevölkerung sympathisierte mit den Opfern: Jedes Jahr, am 2. Mai, werden Blumen vor dem Gewerkschaftshaus niedergelegt. Die Öffentlichkeit und die Medien waren jedoch von den Nationalisten dominiert. Einige Monate nach den Ereignissen waren die Sozialen Medien überflutet mit "Witzen" über das "Odessa-Barbecue", das "Verbrennen von Watniks" (eine abwertende Bezeichnung für Sowjets, bzw. Pro-Russen) sowie Slogans, die auf unheimliche Weise an die von den Nazis verwendeten Slogans über die Juden erinnern. Das ukrainische Internet wurde mit Bildern von verbrannten Leichen überschwemmt, begleitet von höhnischen Kommentaren. In der Tat fand in den ukrainischen Sozialen Medien genau das statt, was gemeinhin der russischen Propaganda zugeschrieben wird.

Viele der Menschen, die als Täter an den Ereignissen in Odessa teilnahmen, fanden sich bald darauf im Donbass wieder und kämpften in den "Freiwilligen-Bataillonen" der ukrainischen Armee.

"Alles, was es braucht, ist, fünfzig 'Watniks' in jeder Stadt zu töten, und dann haben wir Frieden und der Krieg ist beendet", bemerkte Maxim Masur, ein Mitglied des Aidar-Bataillons – eine Aussage, die von vielen der Täter in Odessa eifrig unterstützt wurde.

Die Bilder verbrannter Leichen riefen Entsetzen, aber auch Wut hervor. Der Mai 2014 war ein Wendepunkt: Freiwillige aus Russland strömten massenhaft in die abtrünnigen Republiken Lugansk und Donezk, einige Männer kamen sogar aus Westeuropa, um auf dieser Seite zu kämpfen. Slogans über den Autonomiestatus und die Notwendigkeit, Gespräche mit Kiew zu führen, wichen einer unerbittlichen Entschlossenheit, bis zum bitteren Ende standzuhalten und zu kämpfen. Nur wenige Tage nach dem 2. Mai schrieb ein Donbass-Rebell auf einen zerstörten und ausgebrannten ukrainischen Schützenpanzer:

"Das ist für Odessa, ihr Bastarde."

Die Stimmen jener, die von den Ereignissen entsetzt waren und verstanden, was tatsächlich passiert war, wurden einfach nicht gehört. Dabei waren sie hörenswert. Zwei Jahre nach der Tragödie schrieb Artjom Suschtschewski aus Makejewka im Donbass:

"Ich kann noch so oft wiederholen, dass nicht alle verrückt geworden sind, und dass die meisten Ukrainer immer noch die guten und vernünftigen Menschen sind, die sie immer waren. Ich bin davon überzeugt, dass das stimmt und ich widerspreche mir nicht, wenn ich das sage. Doch es gibt ein 'Aber': Diese guten und vernünftigen Menschen leben seit zwei Jahren im Frieden mit den Ereignissen, die sich am 2. Mai in Odessa zutrugen. Und sie leben auch irgendwie im Frieden mit dem Beschuss von Donezk. Und sie ertragen diesen schändlichen Krieg, indem sie sich mit dem Märchen über eine eine russische Invasion trösten. Aber ich kann nicht mit jenen leben, die damit leben können. Es ist mir egal, wie ich lebe – solange es nicht bei euch ist."

Alexander Topilow, ein Musiker aus Odessa und Unterstützer des Euromaidan, schrieb wenige Tage nach den tragischen Ereignissen:

"Da gab es Jungen, die 1994 geboren wurden. Da gab es junge Mädchen, Universitätsprofessoren, Mechaniker. Ich weiß nicht. Nicht alle waren schnell genug, um zu springen. Nicht alle überlebten den Aufprall. Das war kein Sieg, verdammt noch mal! Jubelt uns nicht zu. Ich habe einige begeisterte Kommentare gelesen. Wer zum Teufel will so einen Sieg? Und wer kann sowas einen Sieg nennen? Das war ein verdammtes Fiasko. Das ist Bürgerkrieg. Einwohner von Odessa gehen sich gegenseitig an die Kehle. Wer ist hier der Gewinner? Ich brauche solche Siege nicht, verdammt noch mal. Manche Menschen sind wie Tiere und manche Bestien sind menschlich, das ist es, wovon ich spreche. Die Grenze zwischen 'uns' und 'denen'. Ich habe meine am 2. Mai verloren. Ich weiß nicht, wo ich sie zeichnen soll. Ich sehe Menschen. Und ich sehe Tiere. Tiere auf meiner Seite, Menschen gegen mich. Also, was mache ich als nächstes? Verdammt, wenn ich das wüsste, Junge – wie man auf der anderen Seite sagt. Und es gibt dort nicht weniger echte Menschen als Tiere hier."

Doch dieser verzweifelte Aufschrei stieß auf taube Ohren. Am selben Tag, an dem das Gewerkschaftsgebäude brannte, kam es in Slawjansk, im Donbass, zu heftigen Kämpfen. Die ukrainische Armee versuchte in die Stadt einzudringen. Bald wurden die mit einem kunterbunten Sortiment aus Jagdgewehren, von Polizisten gestohlenen Handfeuerwaffen und Molotowcocktails bewaffneten Milizen durch Bataillone und Brigaden ersetzt, die mit Artillerie und Panzern ausgerüstet waren. Die Ostukraine erbebte von nun an unter dem Lärm der Haubitzen und dem Donnern der Panzer.

Jewgeni Norin

ist ein russischer Historiker mit Fokus auf Russlands Kriege und internationale Politik.

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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.