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"Ebenso tödlich wie das Virus" – Oxfam zeigt dramatische Verschärfung der sozialen Ungleichheit auf

Laut dem aktuellen Bericht der Organisation Oxfam hat ein manipuliertes Wirtschaftssystem mitten in der schlimmsten Rezession seit der Großen Depression Milliardären erlaubt, noch reicher zu werden, während die Mehrzahl der Menschen noch lange mit den Folgen der Pandemie zu ringen hat.
"Ebenso tödlich wie das Virus" – Oxfam zeigt dramatische Verschärfung der sozialen Ungleichheit aufQuelle: AFP © Tobias Schwarz

In dieser Woche hat die Hilfsorganisation Oxfam ihren jährlichen Bericht zur Entwicklung der weltweiten sozialen Ungleichheit veröffentlicht. Die just am Eröffnungstag der 'Davos Agenda' des Weltwirtschaftsforums am 25. Januar veröffentlichte Publikation mit dem vielsagenden Titel 'The Inequality Virus' (also etwa 'Das Virus der Ungleichheit'), zeigt auf, wie sich die ohnehin bereits enorme Kluft zwischen Arm und Reich während der COVID-19-Pandemie nochmals dramatisch vertiefte, und plädiert eindringlich dafür, die wirtschaftliche Erholung weniger ungleich zu gestalten und die für die meisten Menschen wichtigen Sektoren Gesundheit und Bildung durch politische Maßnahmen zugänglich zu gestalten.

Für die Reichsten der Reichen ist die Rezession längst vorbei. Gleichzeitig hat die Pandemie die schlimmste Job-Krise seit über 90 Jahren ausgelöst, mit hunderten Millionen Menschen, die jetzt arbeitslos oder unterbeschäftigt sind. Während die 1.000 reichsten Menschen auf dem Planeten ihre – für sie kaum existenziell bedrohlichen – Einbußen infolge der Pandemie innerhalb von nur neun Monaten wieder wettmachen konnten, würde es rund ein Jahrzehnt dauern, bis sich die Ärmsten der Welt von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie erholt haben können.

Im Dezember 2020 belief sich das Gesamtvermögen der Milliardäre auf 11,95 Billionen US-Dollar, was den Gesamtausgaben für COVID-19-Hilfen aller G20-Regierungen entspricht. Allein das Vermögen der zehn reichsten Männer der Welt – darunter Elon Musk und Jeff Bezos – ist seit Beginn der Pandemie sprunghaft um 540 Milliarden Dollar gestiegen. Diese Summe würde ausreichen, um sicherzustellen, dass niemand durch diese Pandemie in die Armut getrieben wird, und auch den Impfstoff gegen COVID-19 für alle Menschen zu bezahlen, so die Hilfsorganisation.

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Wirtschaftsexperten, darunter Jeffrey Sachs, Jayati Ghosh und Gabriel Zucman, erwarten laut einer von Oxfam in Auftrag gegebenen Befragung unter 295 Ökonomen aus 79 Ländern infolge der Pandemie eine "Zunahme" oder eine "starke Zunahme" der Einkommensungleichheit in ihrem jeweiligen Land.

Zurückzuführen ist diese wachsende Ungleichheit durch die von der Pandemie noch verstärkte Dynamik auf bestehende Regulierungsfehler. Nach Angaben der Organisation zeigt der Bericht in diesem Jahr, dass es das manipulierte Wirtschaftssystem einer superreichen Elite ermöglicht, mitten in der schlimmsten Rezession seit der Großen Depression Reichtum anzuhäufen, während Milliarden von Menschen darum kämpfen, über die Runden zu kommen. Die Pandemie vertiefe seit Langem bestehende wirtschaftliche, rassische und geschlechtsspezifische Unterschiede.

Gabriela Bucher, Geschäftsführerin von Oxfam International, betont die Dimensionen, welche weit über die wirtschaftliche Problematik hinausgehen:

"Wir werden Zeuge des größten Anstiegs der Ungleichheit seit Beginn der Aufzeichnungen. Die tiefe Kluft zwischen Arm und Reich erweist sich als ebenso tödlich wie das Virus."

Dabei wären die Ursachen dieser desaströsen Situation unschwer vermeidbar. Laut Oxfam wäre der Schlüssel zu einer schnellen wirtschaftlichen Erholung von COVID-19, Volkswirtschaften gerechter zu gestalten. Konkret hätte beispielsweise eine temporäre Steuer auf überschüssige Gewinne derjenigen 32 globalen Konzerne mit den höchsten Gewinnen während der Pandemie im Pandemie-Jahr 104 Milliarden Dollar einbringen können. Die somit erzielbare Summe würde laut Oxfam ausreichen, um Arbeitslosenunterstützung für alle Lohnabhängigen und finanzielle Unterstützung für alle Kinder und älteren Menschen in ärmeren Ländern bereitzustellen.

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Auch in Deutschland hat sich trotz der COVID-19-Pandemie die Zahl der Milliardäre erhöht. Die zehn reichsten Deutschen konnten ihr Vermögen während der Pandemie noch um mehr als 3o Prozent vergrößern.

Unter den deutschen Milliardären, die während der Pandemie noch reicher wurden, sind auch Fälle, die gar keinen Widerspruch darin sehen, einerseits offiziell die Position zu vertreten, dass Sozialabgaben die Entwicklung hindern würden, gleichzeitig aber persönlich von öffentlichen Geldern zu profitieren und beispielsweise Milliarden als Dividenden an Aktionäre auszuzahlen, während die Angestellten Lohneinbußen infolge der Kurzarbeit hinnehmen mussten. So haben beispielsweise die bereits zuvor vermögenden Susanne Klatten und Stefan Quandt, Hauptanteilseigner von BMW, durch Dividendeneinkünfte trotz der Pandemie ihren eigenen Reichtum um jeweils einige Milliarden erhöht, ebenso wie der Besitzer Reinhold Würth der Schrauben- und Teile-Fabrik Würth sein Vermögen von 11,2 auf 20,6 Milliarden Dollar vergrößerte, wo zeitgleich Teile der Belegschaft in Kurzarbeit gehen mussten. Elon Musk, der während der Pandemie Facebook-Chef Mark Zuckerberg mit seinem Reichtum übertrumpfte und damit zum drittreichsten Menschen der Erde wurde, spricht sich öffentlich gegen Steuern aus, nimmt aber gern selbst mit Steuergeldern finanzierte Förderungen in Anspruch, um seine unternehmerischen Projekte voranzubringen – zum Beispiel in Deutschland, auch gegen den Protest der lokalen Bevölkerung.

Während sich die Ungleichheit in Ländern wie Indien an drastischen Beispielen beschreiben lässt, wo ein ungelernter Arbeiter 10.000 Jahre brauchen würde, um das an Einkünften zu sammeln, was der Milliardär Mukesh Ambani in einer Stunde gewinnt, ist auch in Deutschland die Kluft verheerend. Statt gerade im Pandemie-Jahr auf eine verbesserte Struktur des Gesundheitswesens zu setzen, wie der aktuelle Oxfam-Bericht nicht zum ersten Mal empfiehlt, wurden hierzulande sogar mehr als zwanzig Kliniken geschlossen. Pflegekräfte müssten für die Gehaltssumme eines DAX-Vorstands 156 Jahre lang arbeiten, wie Jan Korte, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linken-Fraktion anprangert.

Daran zeigt sich auch in Deutschland, was die Oxfam-Geschäftsführerin Bucher als allgemeine Ursache einer mitunter tödlichen Problematik erkennt:

"Eine manipulierte Wirtschaft führt dazu, dass der Reichtum einer reichen Elite zufließt, die die Pandemie im Luxus übersteht, während diejenigen, die an vorderster Front von der Pandemie betroffen sind – Verkäuferinnen und Verkäufer, Beschäftigte im Gesundheitswesen und Marktverkäufer – darum kämpfen, die Rechnungen zu bezahlen und Essen auf den Tisch zu bringen."

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