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Mögliche Lösung für Müllproblem? Enzym zersetzt Plastik in Rekordgeschwindigkeit

Aus unserer modernen Gesellschaft ist Plastik nicht mehr wegzudenken. Allerdings lässt es sich nur schwer recyceln und belastet zunehmend die Umwelt ‒ und das über viele Jahrzehnte hinweg, weil die Inhaltsstoffe auf natürlichem Wege kaum abgebaut werden können. Nun gibt es offenbar eine Lösung für das Problem. Gefunden wurde sie in einem Labor in Greifswald.
Mögliche Lösung für Müllproblem? Enzym zersetzt Plastik in RekordgeschwindigkeitQuelle: www.globallookpress.com © Werner Scholz, via www.imago-images.de

Kunststoffe sind vielseitig und langlebig ‒ aber gerade ihre Langlebigkeit stellt ein Problem dar: Kunststoffe auf Erdölbasis zersetzen sich nur unvollständig oder gar nicht und belasten so die Umwelt. Ganz auf Kunststoffe zu verzichten, ist in unserer von Plastik abhängigen Welt jedoch noch nicht möglich. Deshalb suchen Forscher auf der ganzen Welt nach Möglichkeiten, erdölbasierte Kunststoffe zu recyceln. Doch die Umsetzung der vielen Ansätze gestaltet sich schwierig. So sind von den 8.300 Millionen Tonnen Kunststoff, die zwischen 1950 und 2015 produziert wurden, nur 600 Millionen Tonnen recycelt worden.

Eine mögliche Lösung für das Recyclingproblem liegt in plastikfressenden Enzymen, die Polyethylenterephthalat (PET)-Kunststoffe nach einer chemischen Vorbehandlung in ihre Grundbestandteile zerlegen und es somit ermöglichen, die Materialien vollständig wiederzuverwenden. Das Verfahren wurde von Chemieingenieuren und Wissenschaftlern der Universität Greifswald in Zusammenarbeit mit dem deutschen Unternehmen Covestro und Forschern aus Leipzig und Irland entwickelt. 

Die Entdeckung könnte nach Angaben der Forscher dazu beitragen, eines der größten Umweltprobleme der Welt zu lösen: die Wiederverwertung von Milliarden Tonnen an Plastikmüll, die sich auf den Mülldeponien stapeln und unsere natürlichen Böden und Gewässer verschmutzen.

Die Enzyme haben demnach das Potenzial, das Recycling in großem Maßstab zu beschleunigen, sodass große Industrien ihre Umweltauswirkungen durch die Rückgewinnung und Wiederverwendung von Kunststoffen auf molekularer Ebene verringern könnten. "Die Suche nach diesen speziellen Biokatalysatoren war sehr komplex und wir mussten etwa zwei Millionen Kandidaten durchsuchen, um die ersten drei Enzyme zu finden, die nachweislich in der Lage sind, die spezielle Bindung in Polyurethan zu brechen", wird der Doktorand Yannick Branson in einer Pressemitteilung der Universität Greifswald zitiert. 

Polyurethane (PUR) sind Kunststoffe oder Kunstharze, die bei der Herstellung von Matratzen, Dämmstoffen, Sportschuhen oder für Beschichtungen wie Dichtstoffe, Farben und Klebstoffe verwendet werden. Bislang sind sie nur mit hohem Energieaufwand chemisch recycelbar. Natürliche Biokatalysatoren wie Enzyme hingegen können die Kunststoffmoleküle bei nur 40 Grad Celsius und ohne den Einsatz von Chemikalien in ihre Bestandteile zerlegen. "Mit dieser bahnbrechenden Entdeckung haben wir nun die Voraussetzung geschaffen, diese Biokatalysatoren mit Methoden des Protein-Engineerings weiter zu verbessern, um sie für das industrielle Recycling von Polyurethan maßzuschneidern", betonte der ebenso an dem Forschungsprojekt beteiligte Uwe Bornscheuer, der in Greifswald die Arbeitsgruppe Biotechnologie und Enzymkatalyse leitet.

Auch für das Problem mit den weit verbreiteten Polyvinylalkoholen (PVA), die zum Beispiel in der Beschichtung von Fasern und als Verpackungsfolien eingesetzt werden, hat Bornscheuers Team eine Lösung gefunden und somit die Grundlage für ein biotechnologisches und damit nachhaltigeres Recycling geschaffen. Demnach gelang es den Forschern, drei verschiedene Enzyme so geschickt zu kombinieren, dass sie das Polymer so lange verändern, bis Fragmente entstehen, die dann wiederverwertet werden können.

Zuvor werden sie einer chemischen Vorbehandlung unterzogen, in deren Folge sich das Material in eine etwas unappetitlich aussehende Flüssigkeit verwandelt. Davon kann laut Branson ein Teil direkt wiederverwendet werden, und ein anderer Teil wird durch die Enzyme in seine Grundbausteine zersetzt. "Insgesamt wurden also die Weichen gestellt für ein vollwertiges Recycling", erklärte er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Die Kunststoffe bestünden aus Molekülketten – sogenannten Polymeren. Wenn man diese in ihre Einheiten zerlege, könne man daraus neue Kunststoffe herstellen.

Bis die neuen "Biokatalysatoren" erstmals im großen Stil im Kunststoffrecycling eingesetzt werden, wird es allerdings noch einige Jahre dauern. Aber der erste Schritt ist getan: "Mithilfe der neu identifizierten Enzyme kommen wir unserem Ziel einer vollständigen Kreislaufwirtschaft in der Kunststoffindustrie einen Schritt näher", so Gernot Jäger, der bei Covestro das Kompetenzzentrum für Biotechnologie in Leverkusen leitet. Recycling ist der naheliegendste Weg zur Verringerung von Kunststoffabfällen. Die gängigste Methode zur Entsorgung von Kunststoffen ist neben der Deponierung die Verbrennung, die kostspielig und energieintensiv ist und schädliche Gase in die Luft abgibt.

Zu den alternativen industriellen Verfahren gehören die sehr energieaufwändigen Prozesse der Glykolyse, Pyrolyse und/oder Methanolyse. Biologische Lösungen benötigen dagegen viel weniger Energie. Zwar hat die Forschung zu Enzymen für das Kunststoffrecycling in den letzten 15 Jahren Fortschritte gemacht. Bislang hatte jedoch niemand herausgefunden, wie man Enzyme herstellt, die bei niedrigen Temperaturen effizient arbeiten können, sodass sie sowohl tragbar als auch in großem industriellem Maßstab erschwinglich sind. Die von den Forschern der Universität Greifswald entdeckten Enzyme schaffen den Abbau erstmals unter sogenannten milden Bedingungen – also unter Normaldruck und bei Temperaturen bis etwa 40 Grad. "Es sind zwei wichtige Vorteile", erläuterte Bornscheuer:

"Ich spare Energie für das Verfahren und gleichzeitig habe ich guten Zugang zu den Bausteinen, sodass ich ein Recycling des Kunststoffs erzielen kann."

Als Nächstes plant das Team, die Enzymproduktion zu steigern, um eine industrielle und umweltfreundliche Anwendung vorzubereiten. So will man in Leipzig die eigenen Forschungsergebnisse den Angaben zufolge bereits bald schon im Rahmen eines Start-Ups nutzen.

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