Deutschland

Bundesverfassungsgericht stoppt Kürzungen für Alleinstehende in Flüchtlingsheimen

Asylsuchende, die allein in einer Sammelunterkunft leben, bekommen seit einigen Jahren weniger Geld. Begründet wurde das mit möglichen Einsparungen: Die Bewohner könnten zum Beispiel gemeinsam einkaufen und kochen. Unrealistisch, sagt jetzt das Bundesverfassungsgericht.
Bundesverfassungsgericht stoppt Kürzungen für Alleinstehende in FlüchtlingsheimenQuelle: Gettyimages.ru © Christophe Gateau/picture alliance

Alleinstehenden Asylsuchenden dürfen nicht länger die Sozialleistungen pauschal um zehn Prozent gekürzt werden, weil sie in einem Flüchtlingsheim leben. Es sei nicht erkennbar, dass dort tatsächlich Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften erzielt würden oder werden könnten, teilte das Bundesverfassungsgericht am Donnerstag mit. Die zum 1. September 2019 eingeführte Sonderbedarfsstufe verstoße gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums.

Der Beschluss in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 1 BvL 3/21 wurde bereits am 19. Oktober gefasst, jedoch erst am 24. November mit einer Presseerklärung der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht. 

Die 2019 amtierende Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD war der Ansicht, dass in den Sammelunterkünften ein Zusammenwirtschaften erwartet werden könne. Einspareffekte bestünden zum Beispiel beim Essen, "indem Lebensmittel oder zumindest der Küchengrundbedarf in größeren Mengen gemeinsam eingekauft und in den Gemeinschaftsküchen gemeinsam genutzt werden", wie es in der Gesetzesbegründung heißt. Deshalb wurden die gezahlten Leistungen gekürzt – und zwar so wie für Bedürftige, die verheiratet sind oder mit einem Partner zusammenleben.

Im konkreten Fall ging es um einen 1982 geborenen Mann aus Sri Lanka, der seit 2014 in einer Gemeinschaftsunterkunft in der Nähe von Düsseldorf lebt. Für ihn greift im Asylbewerberleistungsgesetz eine Vorschrift, welche für alle Menschen gilt, die sich seit mindestens 18 Monaten rechtmäßig in Deutschland aufhalten. Die Karlsruher Entscheidung betrifft deshalb unmittelbar nur diese Gruppe.

Laut Verfassungsgericht bekommen nun alle Betroffenen, deren Bescheide für diese Zeit noch nicht bestandskräftig sind, rückwirkend ab September 2019 mehr Geld. Dies ist dann der Fall, wenn jemand Widerspruch eingelegt oder geklagt hat. In allen anderen Fällen ist die Entscheidung für die künftigen Leistungen zu berücksichtigen.

Das Verfahren angestoßen hatte die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). Um die Regelung in Karlsruhe überprüfen zu lassen, hatte sie eine Mustervorlage erarbeitet, von der hier eine Richterin am Sozialgericht Düsseldorf Gebrauch gemacht hatte. Dort klagte der Mann aus Sri Lanka auf höhere Leistungen für mehrere Monate der Jahre 2019 und 2020.

Aktuell bekommen Betroffene, die in einer Sammelunterkunft wohnen, 330 Euro im Monat. Anderen alleinstehenden Asylbewerbern stehen 367 Euro zu.

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rt de / dpa

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