"Manifest der offenen Gesellschaft" – Intellektuelle fordern Debatte über Corona-Politik
Nach über einem Jahr "Corona-Krise" haben verschiedene Intellektuelle am Donnerstag in der Welt und im Freitag ein "Manifest der offenen Gesellschaft" veröffentlicht. Darin fordern die Unterzeichner mehr Offenheit und weniger Cancel Culture in der Corona-Debatte. Nach monatelangem Streit zwischen Befürwortern und Gegnern der Corona-Politik gehe es nun endlich um einen Dialog auf Augenhöhe und um Argumente.
Mit ihren Anliegen wollen die Unterzeichner die Polarisierung der Gesellschaft aufhalten und die Krankheit COVID-19 und die Folgen der "Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie" richtig einordnen, diskutieren sowie ohne Stigmatisierungen auch kritisieren wollen, sagte die Mitinitiatorin Franziska Augstein dem NDR:
"Ich bin nicht die Einzige, die das Gefühl hat, dass man sich nicht frei äußern kann. Das liegt – leider – nicht zuletzt an der Bundesregierung, die alles getan hat, jene zu unterstützen, die panisch sind, die glauben, Corona sei so etwas wie die Pest und die deswegen jeden als Corona-Leugner verleumden, der oder die sich anmaßt zu sagen, dass die Maßnahmen gegen die Pandemie nicht verhältnismäßig seien."
Diese Haltung findet sich im Manifest wieder:
"Die seit Monaten anhaltende Debatte um die Corona-Politik und deren in allen Bereichen unserer Gesellschaft spürbare Folgen hat die Menschen in unserem Land polarisiert. Das schadet nicht nur dem sozialen Frieden und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern auch der Qualität der Argumente, die wir so dringend im engagierten Diskurs austauschen müssen. Wir wollen die Diskussion wieder versachlichen, um im Rahmen des demokratischen Spektrums den Raum für einen freien Dialog zu schaffen und offenes Denken verstärkt zu ermöglichen."
Dabei ist aber auch klar:
"Vor allem dürfen wir nicht den Verschwörungsfanatikern, Extremisten und Demokratiefeinden das Feld überlassen, wenn es um die kritische Bestandsaufnahme und das konstruktive Hinterfragen der Corona-Maßnahmen geht. Wir wollen weg von der erregten Zuspitzung in den Medien, weg von Konformitätsdruck und einseitiger Lagerbildung in der Gesellschaft und weg von einem unguten Schwarz-Weiß-Denken."
Konkret äußerten sich einige der Mitinitiatoren:
Franziska Augstein, Publizistin:
"Zuallererst die Bundesregierung und die Länderregierungen sollten sich auf die Kultur des Meinungsaustauschs besinnen. Regieren per Verordnung ist nicht demokratisch. Entsprechend kommen die Anti-Corona-Maßnahmen bei der Bevölkerung an. Entsprechend wird die Bevölkerung in wachsender Zahl reagieren: politverdrossen oder aggressiv."
Johanna Krumin, Sängerin:
"Skepsis bedeutet ursprünglich: Hinsehen, Prüfen.
Skeptische Stimmen pauschal zu diffamieren oder den moralisch abzuwerten, der Fragen stellt, zerstört den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Politisches Unrecht oder Verschwörungen gibt es, seitdem es Politik gibt. Machiavelli hat das Fachbuch dazu geschrieben. Wird Naivität zur neuen Tugend erhoben? Wenn ja: Warum? Spinner sind Spinner, aber Unrecht ist Unrecht. Eine gesunde Gesellschaft sollte genau hinschauen, wo der Unterschied liegt."
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesjustizministerin a. D., stellvertretende Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit:
"Ja, es gibt genug Anlässe zu Frust und Ärger in Pandemiezeiten, die zu massiven Freiheitsbeschränkungen geführt haben und deren Ausgang unbekannt ist. Lasst uns faktenreich und respektvoll streiten und um Argumente ringen, ohne persönliche Beleidigungen und Beschimpfungen. Das ist das Salz der Demokratie und ihre Stärke. Aussprechen, Zuhören, Erklären und Verständigen führen zum Miteinander, absolute Wahrheiten hat niemand. Dürfte doch nicht so schwierig sein!"
Jan Josef Liefers, Schauspieler, Musiker und Regisseur:
"Ein System, dass Kunst für nicht systemrelevant erklärt, ist ein System ohne Relevanz. Um Grundrechte dermaßen lange auszusetzen, bedarf es erstklassiger Gründe, die immer wieder der öffentlichen Gegenrede ausgesetzt werden und ihr standhalten müssen."
Michael Meyen, Medienforscher und Professor, Ludwig-Maximilians-Universität München:
"Eine offene Gesellschaft braucht eine Bühne, auf der alle vor aller Augen alles verhandeln können – ohne Stempel (Verschwörer, Nazi, Antisemit) und ohne Angst um Leib und Leben (Julian Assange). Nach dem Ende der DDR dachte ich: Jetzt kommt es, das Reich der Freiheit. Heute gibt es eine Debatte um Cancel Culture, ein Netzwerk Wissenschaftsfreiheit und dieses Manifest. Die große Bühne ist klein geworden, weil wir den Journalismus dem Kommerz, der Politik und der Moral ausgeliefert haben."
Mathias Richling, Satiriker und Kabarettist:
"Am Anfang der Corona-Zeit wollte man wegen Überlastung der Gesundheitssysteme nicht entscheiden müssen, wen man überleben lässt und wen nicht. Heute warnen Schäuble und Welthungerhilfe wegen unterbrochener Lieferketten für Bauern aufgrund der Maßnahmen vor Millionen von Hungertoten. Lässt man also Millionen verhungern, damit Zehntausende nicht an Corona sterben? Das ist hoher politischer Sarkasmus. Der ergänzt wird, wenn beliebige Politiker anmerken, man wolle nicht, dass Menschen sterben. An Corona. Man entscheidet also doch. Denn an allem anderen dürfen sie verenden."
René Schlott, Historiker:
"Maßnahmen, Disziplin, Verordnungen, Abstand und 'die Zahlen' drohen zur Signatur unserer Gesellschaft zu werden. Der Notstand wird mehr und mehr zur Gewohnheit. Fatalismus, Lethargie und Empathielosigkeit machen sich breit. Nichts aber ist so gefährlich für unsere Demokratie wie Gleichgültigkeit."
Konkrete politische Aktionen gegen den vorherrschenden politisch-medialen Diskurs oder Ähnliches sind jedoch nicht geplant, sondern:
"Tauschen wir uns besonnen, in Ruhe, ohne Angst, mit Sinn für die Zwischentöne und ohne vorschnelle Schuldzuweisungen aus, auf der Basis eines Zusammenlebens in Freiheit und einer von uns allen geteilten Diskussions- und Streitkultur: hart in der Sache, aber moderat im Ton (fortiter in re, suaviter in modo). Für die offene und freie Gesellschaft."
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