Grüne Zukunft? Der Traum von der sauberen Energie treibt schmutzigen Mineralienabbau an
Bis ins Jahr 2030 wird es 140 Millionen Elektroautos auf der Erde geben, und bis ins Jahr 2040 wird jedes dritte Fahrzeug mit Ökostrom betrieben, anstelle fossiler Brennstoffe, die die Umwelt in den letzten Jahrhunderten langsam erstickt haben. Das geht aus Einschätzungen der Bergbaugesellschaft Glencore und Bloomberg New Energy Finance hervor.
Klingt, als wären wir auf dem richtigen Weg und Greta Thunbergs Null-Emissions-Traum könnte schon zu Lebzeiten verwirklicht werden. Die Menschheit kommt endlich zur Besinnung.
Auf zum Graben
So einfach ist es aber nicht. Alle diese Autos werden Batterien benötigen, und alle diese Batterien benötigen Mineralien. All diese Mineralien müssen jedoch erst abgebaut werden – in einigen Fällen auch in Form von Tagebau in den restlichen erforschten Lagerstätten des Planeten.
Der Rausch ist bereits im Gange. Die weltweit führenden Bergbaukonzerne beginnen, den wachsenden Markt für Lithium, Nickel, Kobalt, Kupfer, Platin und Palladium zu erschließen – alles Schlüsselmaterialien für die Herstellung von Batterien für Elektrofahrzeuge.
Und sie müssen anfangen zu graben, wenn sie mithalten wollen. Schätzungen zufolge müssen pro Jahr drei Millionen Tonnen Kupfer zusätzlich abgebaut werden, um die Produktion von 140 Millionen Elektrofahrzeugen bis ins Jahr 2030 zu ermöglichen. Kupfer, das am meisten recycelte Metall der Welt! Der Nickelabbau muss um 1,3 Millionen Tonnen pro Jahr und der Kobaltabbau um 263.000 Tonnen zunehmen. Nur für Batterien.
Elektroautos brauchen auch Motoren und Solar- und Windgeneratoren – ohne die eine grüne Zukunft undenkbar ist. Für die Herstellung dieser Dinge werden diese Materialien ebenfalls benötigt, einschließlich solcher Elemente wie Tellur und Neodym.
Die Nachfrage wird das Angebot voraussichtlich übersteigen, deshalb drängen die Bergbaukonzerne darauf, ihre Fördermengen zu erhöhen und dabei einen guten Gewinn zu erzielen. In einigen Fällen wird die Nachfrage das Angebot des Planeten übersteigen – zumindest die erschlossenen Reserven, die wir bisher entdeckt haben.
Umweltauswirkungen
Lithium, das zentrale Mineral für den Bau moderner Batterien, wird über riesige Verdunstungsteiche aus Salz gewonnen. Das Verfahren ist kostengünstig, verbraucht aber enorme Mengen an Wasser. In Teilen des südamerikanischen "Lithium-Dreiecks" müssen die Bauern Wasser aus der Ferne herbeischaffen, während das örtliche Grundwasser an die Oberfläche gepumpt und verdampft wird, damit es lithiumreiches Salz zurücklässt.
In Tibet gab es Fälle, in denen giftige Chemikalien, die zur Raffination von Lithium verwendet wurden, in einen Fluss gelangten und massive Verluste an Wildtieren verursachten. Diese Mine wurde im Jahr 2013 zwar aufgegeben, doch drei Jahre später wieder in Betrieb genommen.
Kupferminen verursachen verheerende Abwasserverschmutzungen, wie es zum Beispiel bei den Flüssen Sonora und Bacanuchi in Mexiko im August 2014 der Fall war. Diese färbten sich rostig-orange und führten bei Hunderten von Einheimischen zu ernsthaften Gesundheitsproblemen.
Der Kleinbergbau von Kobalt in der Demokratischen Republik Kongo, aus dem der größte Teil des Minerals stammt, bildet Wolken aus giftigem Mineralstaub, dessen Auswirkungen durch mangelnde Regulierung und Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Kinderarbeit, in den Minen verschärft werden.
Noch ist nichts vollständig erneuerbar
Ein großes Problem bei der vollständigen Einführung erneuerbarer Energien ist, dass die Menschen noch keinen Weg gefunden haben, um jede Energietechnologie zu 100 Prozent erneuerbar zu machen. Batterien, die wir derzeit herstellen können, haben eine begrenzte Lebensdauer. Eine moderne Lithium-Batterie die wiederholt entleert und aufgeladen wird, behält ihre Kapazität, ein Elektroauto zu betreiben, nur etwa zehn Jahre (zugegeben, sie kann dann theoretisch für etwas weniger Anspruchsvolles wiederverwendet werden).
Und diese Seltenerdreserven sind nicht unendlich, sagt Dr. Parakram Pyakurel, Postdoc-Forscher an der Warsash School of Maritime Science and Engineering. Auf Anfrage von RT schrieb er in einer E-Mail:
Während es kein hartes Limit gibt, sind seltene Metalle und Mineralien wie Kobalt, Lithium ... nicht erneuerbar und werden irgendwann erschöpft sein. Nicht erneuerbare Energietechnologien werden als erneuerbare Energien präsentiert!
Die Wiederverwendung und das Recycling von Batterien und anderen Geräten kann einen großen Beitrag dazu leisten, die wachsende Nachfrage nach Seltenen Erden zu kompensieren. Damit aber die Menschheit in eine erneuerbare Zukunft aufsteigen kann, wird die Umsetzung dieses Zyklus in einem sinnvollen Umfang enorme Anstrengungen erfordern.
Gemeinsame Normen für Batterien müssten ausgearbeitet werden. Das Recycling müsste drastisch intensiviert werden. Derzeit werden in den USA und Europa nur etwa fünf Prozent aller Lithium-Ionen-Batterien recycelt. Dennoch ist es technisch unmöglich, 100 Prozent des in einer Batterie verwendeten Lithiums zu recyceln.
Und während Umweltschützer und Energieforscher mit dieser Aufgabe ringen, setzen Bergbaukonzerne auf das, was sie am besten können: tiefer graben.
Ein akzeptabler Kompromiss?
Am Ende, auch wenn die Unternehmen nur Nachfrage und Gewinn verstehen, soll all der schädliche Abbau zu einer helleren, wind- und sonnengetriebenen, emissionsfreien Zukunft beitragen. Vielleicht lohnt sich also der Kompromiss, der Umwelt jetzt zu schaden, und die Erde wird sich selbst heilen, sobald wir grün geworden sind?
Das Problem ist, dass die grüne Zukunft immer noch ein vages, wenn auch schönes, Gespenst am Horizont ist. Dabei sind die durch Bohrungen vernarbten, salzbeladenen Böden und verschmutzten Flüsse bereits Realität. Es steht uns eine Zukunft bevor, in der sich die Lage wahrscheinlich noch verschlimmern wird, wenn wir die nach Mineralien hungrigen erneuerbaren Energien weiter speisen.
Es ist möglich, die Mineraliengewinnung durch Abwasserrecycling, Gasabscheidung, Bodenrückgewinnung und Biomining bis zu einem gewissen Grad grün zu gestalten. Dies erfordert jedoch "eine strenge staatliche Regulierung und wird auch die Kosten für den Abbau erhöhen", so Dr. Pyakurel. Höhere Kosten bedeuten aber weniger Gewinn für die Bergbaukonzerne.
Das Fazit ist, dass der Wechsel zu einem Elektroauto zwar wie ein Schritt in Richtung Umweltschutz aussieht, aber aufgrund der versteckten Kosten nicht so sauber ist, wie angekündigt. Dr. Pyakurel sagt:
Es ist bemerkenswert, dass Automobile, als sie die Bühne betraten, als "sauber" vermarktet wurden, weil es keinen Pferdemist mehr geben würde, mit dem man sich herumschlagen müsste. Das Gleiche wird wahrscheinlich auch mit erneuerbaren Energien und Elektrofahrzeugen passieren.
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