Europa

"Wir verschiffen keine Waffen" – Italiens Hafenarbeiter streiken gegen Melonis Ukraine-Politik

Unter dem Motto "Runter mit den Waffen, rauf mit den Löhnen" wird heute in Genua demonstriert, und an allen italienischen Häfen 24 Stunden lang gestreikt. "RT DE" hat mit den Organisatoren gesprochen.
"Wir verschiffen keine Waffen" – Italiens Hafenarbeiter streiken gegen Melonis Ukraine-Politik© Daderot/ https://commons.wikimedia.org

Von Daniele Pozzati

Verschiffte Waffen, tödliche Arbeitsunfälle, Rekordinflation: Alles hänge zusammen, sagt die Usb, die Basisgewerkschaft der italienischen Hafenarbeiter.

Die von der Meloni-Regierung beschlossene Waffenlieferung an die Ukraine, gefolgt von zwei tödlichen Arbeitsunfällen im Februar, hat den Protest der Dockarbeiter neu entfacht. Die Gewerkschaft erklärte:

"Wir haben den Sicherheitsstreik mit dem bereits geplanten Streik gegen den Transit von Waffen aus den Häfen verknüpft, weil auch dabei, neben der ethischen Frage, die Frage der Arbeitssicherheit im Mittelpunkt steht; und weil das Geld, das für die Unfallprävention nicht aufzubringen ist, stattdessen bedenkenlos zur Finanzierung der Kriegseskalation und für Investitionen in die Rüstungsindustrie verwendet wird."

Seit Wochen wird in zahlreichen italienischen Häfen und Flughäfen (Genua, Livorno, Triest, Pisa, usw.) demonstriert und gestreikt. Währenddessen organisierte die Basisgewerkschaft Usb die heutige Großdemo in Genua, Italiens größtem Hafen, und den damit verbundenen 24-stündigen landesweiten Streik.

Bei dem Protest geht es auch um die Rekordinflation als Folge des Ukraine-Krieges. In der gewerkschaftlichen Mitteilung der Usb heißt es diesbezüglich:

"Anstatt Gesetze zu fördern, um die Löhne zu erhöhen – angesichts einer Inflation von 11 Prozent und unhaltbarer Lebenshaltungskosten –, hat der italienische Staat beschlossen, uns in den Krieg zu führen. Indem er Milliarden von Euro für Waffen ausgibt, die in die Ukraine geschickt werden sollen. Waffen, die unsere Häfen passieren und dazu verwendet werden, Arbeiter zu töten."

Triest: "Den dauerhaften Streik gegen Waffenversand fördern"

Am 21. Januar bot Italiens Wirtschaftsminister Adolfo Urso der Ukraine die Häfen von Triest und Venedig an:

"Da Russland die Häfen der Ukraine vermint hat, wird es für Kiew einfacher sein, Handel über die Häfen der Nordadria zu treiben."

Welche Art von "Handel" der Wirtschaftsminister damit meinte, fanden die Hafenarbeiter von Triest und der nahegelegen Hafenstadt Monfalcone am 2. Februar heraus: In der darauffolgenden gewerkschaftlichen Pressemitteilung hieß es:

"Heute haben wir ein Informationsschreiben erhalten, über die Bewegung von militärischen Logistikmitteln, aber auch von Angriffsmitteln (Haubitzen) mit unbekanntem Ziel im Hafen von Monfalcone.

Die Basisgewerkschaft Usb hat sofort zu Protesten aufgerufen, und um eine sofortige Klarstellung durch die Hafenbehörde gebeten."

Die Usb sei völlig einverstanden mit Triest als Hafen in Diensten der Ukraine, aber "für eine Initiative, die den Wiederaufbau eines vom Krieg gequälten Landes begünstigt, und nicht, um noch mehr Tod und Zerstörung zu befeuern."

"Nach Ansicht der Usb ist eine ständige Transparenz- und Überwachungstabelle erforderlich. Die Hafenarbeiter von Triest werden es niemals akzeptieren, Waffen und Sprengstoff einzuschiffen. Und wir als Usb sind bereit, allen Hafenarbeitern formell Deckung zu geben, indem wir einen dauerhaften Streik für den Transport von Kriegsmaterial fördern."

Völkerrechtswidrig: Waffenversand aus Triest

RT DE hat mit dem in Triest geborenen Hafenarbeiter Stefano Puzzer gesprochen, der von 1994 bis April 2022 im Hafen von Triest tätig war. Von 2014 bis 2021 war Puzzer Leiter einer autonomen Gewerkschaft, der CLPT, der es gelang, den Anteil der in prekären Verhältnissen beschäftigten Hafenarbeiter von 47 auf 3 Prozent zu reduzieren.

Puzzer wurde Oktober 2021 in Italien bekannt, als er Sprecher der Bewegung gegen die Einführung der 2G-Regel am Arbeitsplatz wurde. Sein Kampf gegen den Impfpass hat ihn am Ende seinen Job gekostet: Im April 2022 wurde er, nach 18 Jahren, entlassen.

Puzzer stellt fest, dass keine italienische Regierung den Triester Hafen für militärische Zwecke nutzen dürfe – Melonis Vorgehen sei also völkerrechtswidrig:

"Der Freihafen Triest liegt im Freien Territorium Triest, das mit der 16. Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen errichtet wurde. Dies wurde mit dem Friedensvertrag vom 10. Februar 1947 umgesetzt.

In Anhang 6 Artikel 3 des besagten Vertrags wird festgelegt, dass das Territorium und der Hafen neutral und entmilitarisiert sind und keine bewaffneten Kräfte zugelassen werden, es sei denn mit Genehmigung der Sicherheitsrates.

Mit der Unterzeichnung des Friedensvertrages und des Ratifizierungsgesetzes 3054/1952 verpflichtet sich Italien zur Einhaltung dieser internationalen Bestimmungen."

Genua: "Häfen für imperialistischen Kriege gesperrt"

In Genua findet heute die Großdemo "Runter mit den Waffen, rauf mit den Löhnen" in der Nähe des Hafens statt. Erwarten werden dutzende Busse aus allen italienischen Großstädten, Hafenstädten, und sogar einige ausländische Gewerkschaftsdelegierte. Dabei sein werden sowohl Hafenarbeiter als auch Studenten, politische Aktivisten und zahlreiche Mitglieder der linken Partei Potere al Popolo! (PaP).

Das autonome Hafenarbeiterkollektiv CALP aus Genua – ein Mitglied der landesweiten Basisgewerkschaft Usb – hat seit Ende Januar die Demo und den damit verbundenen 24-stündigen Streik organisiert. Die Usb engagiert sich seit vielen Jahren gegen den Waffenversand und -transit über italienische Häfen.

RT DE sprach mit José Nivoi, dem Sprecher von CALP. Wie Puzzer in Triest betont Nivoi die gesetzwidrige Natur jedweder Waffenlieferung:

"Wir können die Logik nicht akzeptieren, dass einige Kriege als legitim angesehen werden und andere nicht. Wir wollen mit unserer Arbeit nicht in der Waffenvertriebskette mitarbeiten. Wir fordern die vollständige Einhaltung des Gesetzes 185 von 1990 und der italienischen Verfassung.

Es ist nicht zu fassen, wie die italienische Regierung sowohl gegen das italienische Gesetz 185/1990 (welches die Überwachung aller Waffen im Export, Import und Transit vorsieht), als auch die eigene Verfassung (dessen Artikel 11 Krieg als Mittel zur Streitbeteiligung ablehnt) verstößt – und dies alles, um der NATO zu dienen."

Bei der heutigen Demo und dem Streik geht es auch um das Thema Arbeitssicherheit. Allein im Februar sind zwei Hafenarbeiter ums Leben gekommen. Den Hintergrund zu der steigenden Zahl tödlicher Arbeitsunfälle erklärt Nivoi wie folgt:

"Es ist nicht mehr an der Zeit, Arbeitnehmer der Dynamik von Einsparungen und Kürzungen bei Personal und Sicherheit zu opfern, um die Gewinne multinationaler Unternehmen zu steigern.

Wenn es einen Krieg zu führen gibt, dann ist es nur der gegen die Tötungsdelikte auf dem Arbeitsplatz, und zwar durch die Feststellung des Verbrechens der Tötungsdelikte auf dem Arbeitsplatz; so wie wir seit Jahren die Anerkennung der Arbeit in den Häfen als eine anstrengende Tätigkeit fordern: Wenn unsere Forderung angenommen worden wäre, hätte Paolo Borselli im Alter von 58 Jahren nicht auf einem Transportwagen für schwere Lasten gesessen, und wäre heute noch am Leben."

Zusätzlich zu der Großdemo in Genua, und damit verbunden, finden heute auch zwei kleinere Demos statt: im sizilianischen Niscemi und im sardinischen Cagliari. Nivoi erklärte in diesem Zusammenhang:

"Das sind Orte, an denen die Militäreinrichtungen der US-Amerikaner das Leben der Einwohner unmöglich machen, obwohl die italienischen Politiker davon lieber nichts hören wollen."

In Niscemi, Sizilien, sorgt seit vielen Jahren das Mobile User Objective System (MUOS), ein Satellitenkommunikationssystem der US Navy, für massive, wenn auch lokale Proteste. Denn aufgrund der erhöhten Strahlung sterben in Niscemi weitaus mehr Menschen an Krebs und werden mehr Kinder krank geboren als anderswo in Italien und auf Sizilien selbst.

In Cagliari, Sardinien, hätten sich seit Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine die NATO-Übungen intensiviert, was zu Unruhen und Protesten geführt habe.

In der Pressemitteilung der Usb Genua heißt es mit Blick auf die Militärübungen, den Waffenhandel und die Arbeitsunfälle:

"Alle diese Ereignisse (Todesfälle am Arbeitsplatz, Rekordinflation, Entlassungen von Gewerkschaftern, Waffenhandel usw.) stehen miteinander in Zusammenhang."

"Wir können nicht auf die Politik warten", schlussfolgert José Nivoi. "Die Opposition gegen den Krieg kann nur von den Arbeitern ausgehen."

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