Europa

Deutsche Welle fragt nach: War die Ehrung der SS-Division in Kiew eine "russische Operation"?

Der Marsch anlässlich des Jahrestages der SS-Division "Galizien" in Kiew erregte internationale Aufmerksamkeit. Auch die deutsche Botschafterin Feldhusen kritisierte ihn. Deutsche Welle vermutet hinter der Aktion russische Einmischung – bis hin zu einer Spezialoperation.
Deutsche Welle fragt nach: War die Ehrung der SS-Division in Kiew eine "russische Operation"?Quelle: RT

Am 28. April fand in Kiew der Marsch zu Ehren der Waffen-SS-Division "Galizien" statt. Er war nicht besonders zahlreich, erregte aber mediale Aufmerksamkeit. Es war das erste Mal, dass die Ehrung der Soldaten, die Adolf Hitler ihren Eid ablegten, in der ukrainischen Hauptstadt stattfand. Zuvor beschränkten sich solche Märsche nur auf das historische Gebiet Galizien in der Westukraine.

RT DE berichtete über die Proteste im ukrainischen Parlament, der Werchowna Rada, gegen diesen Marsch und zeigte dazu ein kurzes Video. Auch andere russische Medien berichteten. Bei dem staatlichen Nachrichtensender Deutsche Welle (DW) regte das einen Verdacht an. Die ukrainische Redaktion von DW postete auf Twitter:

"Der Kiewer Marsch anlässlich des 78. Jahrestages der SS-Division '#Halizien' hat in den russischen Medien an Aufmerksamkeit gewonnen. Experten warnen, dass es 'nach dem russischen Vorlagenszenario' ausschließlich für das internationale Publikum gespielt wurde. Was halten Sie von diesem Ansatz?"

Dabei verwiesen die Redakteure auf den Artikel "Ein Marsch zum Gedenken an die SS-Division 'Galizien' – ein Puzzlestück des russischen Informationskriegs gegen die Ukraine?".

Die Redaktion in Moskau war etwas subtiler. Sie titelte: "Wer und was steckt hinter dem Marsch zu Ehren der SS-Division 'Galizien'? Und was hat Russland damit zu tun?"

Ansonsten war das der gleiche Artikel, in dem betont wurde, dass die ukrainischen amtlichen Organe die Nazi-Ehrung in Kiew im Nachhinein kritisierten. Anschließend kamen im Artikel zwei von DW ausgewählte Expertinnen zu Wort.

Eine Expertin, Alja Schandra, stellte DW als Chefredakteurin der englischsprachigen Internet-Ressource Euromaidan Press und Forscherin zu russischen Informationskampagnen vor. Sie sagte, dass der Marsch "nach einem russischen Vorlagenszenario" heimlich eingeschleust und ausschließlich für ein internationales Publikum ausgespielt wurde.

Weitere Expertin, die Leiterin des Zentrums für strategische Kommunikation und Informationssicherheit der Ukraine, Liubov Tsybulska, war der gleichen Meinung. Sie wies darauf hin, dass solche Aktionen mit dem Engagement von rechtsradikalen Bewegungen oder nationalistischen Organisationen seit 2014 von russischen Spezialdiensten in der Ukraine durchgeführt werden.

"Diese Veranstaltung ist zu kontrovers, sie hat Anzeichen einer Informations-Spezialoperation. Der Kreml ist ein Meister solcher Provokationen. Wie konnten die wirklich patriotischen Kräfte, die wissen, dass Russland dieses Narrativ über den Faschismus in der Ukraine verbreitet, eine solche Aktion im Zentrum von Kiew organisieren?", fragte sie.

Dass die beiden Frauen praktisch mit einer Stimme sprechen, verwunderte nicht. In ihrer Karriere durchliefen sie die gleiche journalistische Schule bei diversen westlichen Regierung- und Nichtregierungsorganisationen. Wie beispielsweise die National Endowment for Democraty oder George Soros International Renaissance Foundation, von der Euromaidan Press direkt finanziert wird. 

Tsybulska war bis zu ihrer Ernennung im März zur Leiterin des Zentrums für strategische Kommunikation und Informationssicherheit hochrangige Mitarbeiterin des Ukrainische Krisen-Medienzentrum –eines Mediums, zu dessen Förderer seit der Gründung im Jahr 2014 die "Renaissance"-Stiftung und mehrere weitere aus den USA und der EU zählen. Ihr Zentrum arbeitet eng mit dem ukrainischen Rat für Sicherheit und Verteidigung, dem Verteidigungsministerium und sonstigen Sicherheitsbehörden sowie "ausländischen Partnern" zusammen.

Sie sieht sich als Kämpferin gegen russische "informationelle Bedrohung" und nennt Russland in Interviews "Quelle für Terrorismus". Russlands Politik sei xenophob und chauvinistisch. Ukrainische Medien, die russische Narrative verbreiten, müssten bestraft werden. Es besteht kein Zweifel, dass sie zu jenem Beraterkreis gehörte, der ukrainische Regierung und Präsident Wladimir Selenskij zum Verbot der drei ukrainischen regierungskritischen Fernsehkanäle verleitete.

Ihr Zentrum ist ukrainischem Kulturministerium direkt untergeordnet. Der Kulturminister Alexander Tkatschenko und Präsident Selenskij hätten laut Quellen im ukrainischen Parlament sich persönlich für das Verbot der Kanäle und deren spätere Sperrung bei Youtube eingesetzt. Tkatschenko bestätigte das auf seinem Telegram-Kanal und bedanke sich bei Youtube.

Damit zitiert die DW in ihrem Beitrag für das russische Publikum eine ukrainische Regierungsbeamtin – eine Hardlinerin, die sich offen an einem Informationskrieg gegen Russland und "dessen Narrative" beteiligt sowie zu Zensur und präventiven Gegenkampagnen in Medien aufruft – als eine angeblich ernst zu nehmende Quelle.

Die zweite "Expertin", Alja Schandra, steht im Verruf, die Nazi-Kollaborateure der Organisation der ukrainischen Nationalisten (OUN) und der Ukrainischen Aufstandsarmee (UPA) vom Vorwurf ihrer Beteiligung am Holocaust reinzuwaschen. Der Leiter des Ukrainischen Jüdischen Komitees, Eduard Dolinski, warf ihr in einem Facebook-Beitrag Lüge und Propaganda vor. Diese sei eine "Schändung" der Erinnerung an die Opfer. 

Der Facebook-Blog von Dolinski hat mehr als 23-tausend Abonnenten. Auf seinem Kanal dokumentiert er minutiös zahlreiche Fälle der Ehrung der ukrainischen Nazi-Kollaborateure in der heutigen Ukraine und deren Beteiligung an Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung im Zweiten Weltkrieg. 

In der Westukraine gelten alle Verbände militanter Nationalisten im Zweiten Weltkrieg bei weiten Teilen der politischen Klasse und Gesellschaft als Helden. Dabei spielt es fast keine Rolle, ob sie die Uniform der Waffen-SS oder der UPA-Partisanen trugen. Sie vereint die Tatsache, dass sie gegen die Rote Armee kämpften. In ihren Augen war die Sowjetunion und nicht Nazi-Deutschland der Besatzer. Ihre heutigen Verehrer sind seit Jahren dabei, ihren Einfluss auf die Gesamtukraine auszuweiten – mit Erfolg. Im September sorgte ein Kiewer Gericht für Aufsehen, als es die Symbolik der Waffen-SS-Division "Galizien" von der Anwendung des Gesetzes über das Verbot von Nazi-Symbolik "freistellte".

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