Deutschland

Bürgergeld wird eingeführt – Grünes Licht in Bundestag und Bundesrat

Nach wochenlangen Diskussionen ist nun klar: Im kommenden Jahr wird in Deutschland das Bürgergeld eingeführt. Nach dem Bundestag stimmte jetzt auch der Bundesrat der Sozialreform zu. Die Union hatte die ursprünglichen Pläne der Ampel-Koalition abgelehnt.
Bürgergeld wird eingeführt – Grünes Licht in Bundestag und BundesratQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO / Felix Schlikis

Es ist ein zentrales Projekt der Ampel-Koalition: das Bürgergeld. Es soll demnach das bisherige Hartz-IV-System ablösen. Im kommenden Jahr wird es nun in Deutschland eingeführt. Nach dem Bundestag stimmte am Freitag auch der Bundesrat der Sozialreform zu. 

Die Bezüge in der Grundsicherung steigen zum 1. Januar um mehr als 50 Euro. So erhalten Alleinstehende künftig 502 Euro. Wesentliche Teile der Reform treten zum 1. Juli in Kraft. Die Jobcenter sollen sich stärker um Arbeitslose kümmern können. Besser als bisher soll die Vermittlung in dauerhafte Arbeit anstatt in einfache Helferjobs gelingen.

Dazu sollen die Betroffenen in verstärktem Maß weiterqualifiziert werden oder eine Ausbildung oder Umschulung antreten. Gestrichen werden sollen viele sogenannte Rechtsfolgenbelehrungen, die Post vom Jobcenter bisher für viele abschreckend wirken ließ. Außerdem dürfen die Empfänger der Grundsicherung künftig mehr hinzuverdienen – zum Beispiel mit einem Minijob.

Den Beschlüssen war ein Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat vorausgegangen. Die Union hatte die ursprünglichen Pläne der Ampel-Koalition abgelehnt. CDU und CSU bemängelten, dass Arbeitslose zu wenig zu eigener Mitwirkung angehalten werden sollten. Die Balance von Fördern und Fordern sah die Union nicht mehr gewahrt. Im Bundesrat fiel das Bürgergeld deshalb zunächst durch.

Verschärft wurden auf Druck der Union entgegen dem ursprünglichen Entwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) die möglichen Sanktionen bei Pflichtverletzungen. Solche Kürzungen des Bürgergelds sind bereits ab Januar gestaffelt und in Höhe von maximal 30 Prozent möglich, wenn sich Arbeitslose entgegen den Absprachen nicht auf eine Stelle bewerben oder eine Maßnahme etwa zur Qualifizierung antreten.

Die Betroffenen dürfen zudem künftig etwas weniger selbst angespartes Geld behalten als zunächst geplant. Dieses sogenannte Schonvermögen beträgt in einer "Karenzzeit" von einem Jahr 40.000 Euro. Weitere Personen in einer sogenannten Bedarfsgemeinschaft dürfen ohne Anrechnung jeweils 15.000 besitzen. Altersvorsorge und Wohnung bleiben zunächst weitgehend unangetastet.

Im Bundestag stimmten 557 Abgeordnete für die Änderungen, die der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundestag abgesegnet hatte. Den Kompromiss ausgehandelt hatte eine informelle Runde von Ampel-Koalition und Union. Die AfD kritisierte das Vorgehen deshalb als nicht verfassungsgemäß. Abschließend bekam das Bürgergeld grünes Licht im Bundesrat.

Bundeskanzler Olaf Scholz sieht im geplanten Bürgergeld eine sozialpolitische Zäsur. So sagte der SPD-Politiker dem Magazin Focus:

"Diese Reform ist ein Meilenstein der Sozialpolitik in Deutschland."

Es gehe darum, jene bei der Arbeitsplatzsuche zu unterstützen, die ihren Job verloren haben. "Diese Reform stellt die Hilfe für ungelernte Langzeitarbeitslose in den Vordergrund", betonte Scholz.

Aus den Reihen der Linken kam seit Tagen scharfe Kritik an der geplanten Reform. In einer gemeinsamen Erklärung der Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan sowie der Fraktionsspitzen Dietmar Bartsch und Amira Mohamed Ali, und mitgetragen von Parteivertretern aus Ländern mit linker Regierungsbeteiligung, heißt es dazu:

"Das Bürgergeld ist keine Überwindung von Hartz IV."

Zwar erkenne man an, dass die Reform "neue Akzente" setze, darunter der Vorrang für Bildung und Weiterbildung, aber: "Die Grundsicherung muss armutsfest sein und darf nicht länger an Sanktionen gebunden werden." Aus Sicht der Linken und der linken Regierungsvertreter aus Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen seien kurzfristig "weitergehende Schritte hin zur grundsätzlichen Überwindung von Hartz IV" nötig.

Die Linke erklärte, dass man "im Deutschen Bundestag, über die links regierten Länder im Bundesrat und durch unsere linken Landesregierungen alles dafür tun wird, um den Systemwechsel zu erreichen". Dazu zählt für die Linke "eine sanktionsfreie Mindestsicherung in Höhe von 1200 Euro".

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(dpa/rt)

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